Mein Weg ins Repair Cafè CAS oder warum mache ich das?
Als ich im März 2013 in den Ruhestand ging, überlegte ich mir, wie ich nun meine neu gewonnene Freizeit sinnvoll nutzen kann. Es sollte irgend etwas sinnvolles sein. Die Zeit verging, ohne das ich etwas passendes gefunden hatte. Im Oktober 2014 las ich in der Zeitung etwas über die Gründung eines RC in unserer Stadt. Es fand ein Treffen zum Kennenlernen statt . Der Start des RC Castrop-Rauxel wurde auf den Nikolaustag den 6 Dezember festgelegt. Alles fieberte dem Eröffnungstag entgegen. Und am Nikolaustag, dem 6. Dezember 2014 öffnete das RC erstmalig seine Pforten. Es kamen viele Besucher und vieles konnte wieder funktionstüchtig mit nach Hause genommen werden. Die erste Veranstaltung war ein voller Erfolg. Ebenso die weiteren Treffen. Im Laufe der Zeit wurde vieles optimiert. Die Anmeldung viel weg, es wurde eine Infohotline eingerichtet, eine Ersatzteilbox wurde zusammengestellt. Im Laufe der Zeit habe ich viele Leute kennengelernt, und über jede Reparatur ließe sich eine Geschichte erzählen. Gute und weniger gute. Aber fast immer haben die Besucher nach erfolgter Reparatur einen Glanz in den Augen, manchmal auch Tränen vor Freude in den Augen gehabt. Ein Erlebnis werde ich niemals vergessen. Ich hatte gerade eine Küchenmaschine wieder zum Laufen gebracht, als die Besitzerin freudestrahlend rief, dann kann ich ja heute Weihnachtsplätzchen backen. Die Maschine war zu diesem Zeitpunkt ca 20 Jahre alt. Ein paar Tropfen Öl auf die Lagerstellen, die Kohlenhalter und den Kollektor gereinigt und die Maschine lief wieder wie neu. Beim nächsten Treffen kam die Frau wieder zu mir und brachte mir eine Dose mit Weihnachtsplätzchen mit der Aussage, den Teig habe ich mit der Maschine zubereitet, die Sie repariert haben. Solche Momente gehen mir nahe und bleiben unvergesslich. Meistens sind es ältere Leute die sich in all den Jahren an Ihre Haushaltsmaschinen gewöhnt haben. Die Bedienung war einfach und die Maschinen funktionierten über Jahrzehnte störungsfrei, was heutige Geräte niemals schaffen. Wie Jörg im vorherigem Bericht schrieb, hatten Firmen wie Bosch, AEG, Braun, Siemens, Blaupunkt, Grundig, Telefunken usw. in der Vergangenheit einen guten Namen und waren für Langlebigkeit bekannt. Heute sind diese Namen nur noch „Schall und Rauch“ Heute werden die Geräte aller Hersteller zwecks Optimierung der Gewinne in Billiglohnländer zusammengebaut und sind in der Qualität soweit „Optimiert“ worden, das man sich wundert, das die Geräte die Garantiezeit überleben. Vielfach sind die meisten Geräte nicht mehr zum Reparieren konstruiert und der Kaufpreis sagt nichts mehr über die Qualität aus. Von vielen bekannten Namen wurden die Namensrechte verkauft. Mich erfreut es immer wieder, wenn ich den Fehler gefunden habe und das Gerät wieder nach der Reparatur funktioniert. Und den Anblick der Freude in den Augen der Besitzer kann man nicht vergessen. Und diese Momente stärken auch das Gefühl, etwas richtig gemacht zu haben. Ich hoffe, das ich in diesem Kreise noch viele solcher Momente miterleben kann.
In diesem Sinne noch eine schöne Zeit und hoffentlich auf ein Wiedersehen im Repair Café.
Christian Ulbrich CAS im Oktober 2017
Die alte Dame und ihre Kaffeemaschine
Als das Repair Cafe Castrop-Rauxel an den Start ging, wusste noch keiner von uns, wie sich das ganze
entwickeln würde. Lange Diskussionen gab es in der Folge und es Stand auch die Frage im
Mittelpunkt „Kommen die älteren Bürger auch zu uns und wie?“
In den Gesprächen wurde überlegt, einen Fahrdienst für ältere Menschen zu installieren.
Wie das Leben aber oft so spielt, erledigen sich gewisse Überlegungen manchmal von alleine.
So geschah es einige Wochen später in der AGORA. Die Tür ging auf und eine ältere Dame kam mit ihrem Rollator in den Raum, ging sehr Selbstbewusst an meinen Tisch und wollte gerade eine große Kaffeemaschine „ausladen“ Natürlich kam ich ihr zuvor und stellte die Kaffeemaschine auf meinen Arbeitsplatz.
Die Kaffeemaschine schien geeignet, eine Großfamilie oder ganze Kompanie schnell mit einer ausreichenden Menge des koffeinhaltigen Heißgetränkes zu versorgen.
Eine Anamnese wie beim Arzt, ist auch dem Mitarbeiter des Repair Cafe zu empfehlen, ja sogar
wichtig.
In diesem Fall gestaltete sich das aber einfach, die Maschine versagte vollständig ihren Dienst.
Während wir also gemeinsam die Maschine öffneten um der Ursache dieses nicht angemeldeten
Streiks auf die Spur zu kommen, begründete die alte Dame, ohne mein Nachfragen, ihre Motivation.
„Ja wissen sie, ich könnte mir ja auch eine neue Kaffeemaschine kaufen, aber mit dieser hier kenne ich mich aus. Und wenn die Familie zu Besuch kommt, brauche ich nicht so oft neu aufsetzen“. Das konnte ich gut nachvollziehen!
Die Instandsetzung der Maschine war dann reine Routine, die Temperatursicherung hatte den Streik ausgelöst und war schnell ersetzt. Nach bestandener Sicherheitsprüfung konnte die Kaffeemaschine dann wieder ihren Dienst aufnehmen. Das Ersatzteil kostete 98 Cent!
Das große Ding fand sich kurze Zeit später im Rollator wieder und es ging zur Bushaltestelle, also ab nach Hause.
So ganz Gentleman war ich an diesem Tag nicht. Eine Dame nach ihrem Alter zu fragen ist nicht sehr Charmant, aber meine Neugier setzte sich gegen meine Erziehung durch.
Die Dame war über 90 Jahre alt, alle Achtung!
Das sind die Momente, die alle Mühen in einer besonderen Art und Weise unwichtig erscheinen
Warum mache ich das?
Nach 4 Jahren Tätigkeit im Repair Cafe Castrop-Rauxel ist diese Frage wohl erlaubt!
Viel wird in unserer Gesellschaft und vor allem von der Politik über die „Verantwortung für die nächsten Generationen“ gesprochen.
Diese Verantwortung habe ich immer, im Rahmen meiner Möglichkeiten, sehr ernst genommen.
Dann kam der Tag an dem ich zum Entsorgungshof gefahren bin, um Gartenabfälle zu entsorgen.
Direkt gegenüber dem Bio Müllhaufen steht der Container für Geräte der Unterhaltungselektronik.
In dem Container standen eine große Menge Flachbildfernsehgeräte, alle nicht sehr alt, teilweise in einem optisch sehr guten Zustand.
Wie war das früher? Diese Frage kam mir in den Sinn! Ein Farbfernsehgerät konnte bis zu 20 Jahre alt werden, das war keine Seltenheit. Als Radio und Fernsehtechniker habe ich mit Begeisterung
sehr viele dieser Röhrengeräte repariert und den Geräten hierdurch eine lange Betriebszeit beschert.
Sicher war hierfür eine große Portion Wissen und ein gerütteltes Maß an Ehrgeiz nötig, aber es war machbar. Die Geräte wurden von hoch qualifizierten Ingenieuren und Technikern konstruiert, die noch nicht unter dem Diktat der Wirtschaftslehre in ihrem Tatendrang und dem Streben nach Qualität gehindert wurden.
Den Herstellern war es wichtig einen „guten Ruf“ unter den Kunden zu genießen und die Käufer an die Marke zu binden.
Zu meiner aktiven Zeit galten die Firmen Grundig, Nordmende, Saba, Telefunken, Metz, Loewe u.s.w. als Garant für ein gutes, langlebiges Produkt.
Die Geräte wurden mit Schaltplänen ausgeliefert und der Fachhändler um die Ecke sorgte für Ersatzteile und eine fachgerechte Reparatur.
Wie sieht es heute aus?
Bewusst werden die Geräte mit billigsten Bauelementen ausgestattet. Diese minderwertigen Bauelemente werden bis zur Grenzlast mit Spannung und vor allem Temperatur belastet.
Kurz nach der Gewährleistung fallen die Geräte aus, teilweise wegen Bauelementen im Preissegment
um 1 Euro.
Ein mit giftigen Halbleitern gespicktes Gerät landet dann im Müll und schädigt massiv die Umwelt.
Viele Metalle und Grundstoffe in dem Elektronikschrott sind endlich auf dieser Erde, dies scheint nur wenige zu interessieren.
Den Fachhändler um die Ecke gibt es kaum noch, viele mussten aufgeben. Die großen Märkte werben mit niedrigen Preisen, die bei näherer Betrachtung, oft gar nicht so niedrig sind.
Fachpersonal ist selten, hohe Qualifikation wird nicht bezahlt, dass würde den Gewinn reduzieren.
Schaltpläne, wenn überhaupt verfügbar, werden wie militärische Geheimnisse gehütet. Spezielle Ersatzteile werden nicht vorgehalten, wofür auch? Die nächste Gerätegeneration ist ja schon auf dem Markt und soll für gute Umsatzzahlen sorgen.
Nein werte Damen und Herren, dagegen habe ich was!
Engagement, Herzblut, Ehrgeiz und Freude an sozialen Kontakten.
Im Stadtanzeiger erschien ein Aufruf zur Mitarbeit im Repair Cafe Castrop-Rauxel. Seit dem ersten Tag bin ich dabei und es fühlt sich gut an.
Unser Team kämpft gegen den Wohlstandsmüll, es gibt viele Erfolge, aber natürlich auch Rückschläge.
Auch wir mussten viel lernen und uns ständig neuen Problemen stellen.
Jedes Gerät, dass wir gegen den Willen des Konsumterrors reparieren können, motiviert uns mit noch mehr Einsatz weiter zu machen.
Und wir werden belohnt, mit einem Lachen, einem Lob, einer Geste und der Gewissheit, etwas für
den Umweltschutz und die nächsten Generationen getan zu haben.
Von meinen schönsten Momenten bei der Tätigkeit in den Repair Cafes berichte ich dem geneigten Leser in einer Fortsetzung.
Besuchen sie uns, bringen sie Zeit mit und holen sie sich bei einer Tasse Kaffee etwas Erholung vom Alltag. Schrauben sie selbst an ihrem Gerät, wir sind dabei und helfen, keine Angst.
So mancher hatte einen Schraubendreher das erste Mal in der Hand und oh Wunder, die Schraube löste sich.
Damen ersetzen mit Erfolg die gebrochene Netzleitung an einer Bohrmaschine, welche Freude für Alice Schwarzer und vor allem für die Aktivistin selbst.
Eine ältere Dame traute sich nicht, die Brühgruppe aus ihrer Kaffeemaschine zu reinigen.
Jetzt traut sie sich, das ist ja ganz einfach, war ihr Kommentar.
Genau davon lebt die Idee des Repair Cafe! Hilfe zur Selbsthilfe und für die schweren Fälle sind wir
an ihrer Seite.
Es ist 1.50 Uhr und schon ein bisschen verrückt um diese Zeit etwas über die Organisation
Repair Cafe zu schreiben.
Gute Nacht und bis bald.